9. November: „Die Anzünder sind unterwegs!“

9. November: „Die Anzünder sind unterwegs!“

Gedenktafel an die Opfer des Faschismus - Foto ©Hartmut Kreutz

In seiner Tradition des aktiven Gedenkens hat das Bündnis gegen Rechts Aschaffenburg-Miltenberg (BgR), dem auch die KI angehört, im 85. Jahr nach der so genannten „Reichspogromnacht“ zur Kundgebung „hinter der Sandkirche“ eingeladen. Für etliche „Aschebercher“ ist „hinner de Sandkerch“ noch gleichbe­deutend mit „Gefängnis“. Es stand dort bis Ende der 60er Jahre. Dort waren die Opfer der Faschisten zunächst eingekerkert, war für viele die erste Station auf dem Weg ins KZ. Dort hängt die Gedenktafel, die Antifaschist:innen erstritten haben.

In seinem Beitrag erklärte das BgR unter dem Eindruck des Massakers vom 7. Oktober und darauf folgender antisemitischer Erscheinungen: „Nichts rechtfertigt diesen bestia­lischen Gewalt­ausbruch der Hamas. Dessen ungeachtet muss Kritik an Maßnahmen der israeli­schen Regierung möglich sein, ohne dass dies als Antisemitismus diffamiert wird. Wo immer jedoch tatsächlicher Antise­mitismus zu Tage tritt, müssen wir uns ihm entschieden entgegen­stellen. Das dürfen wir nicht zulassen! Nie wieder!“ Eine Schweigeminute gab Gelegenheit, aller Opfer zu gedenken. Dann widmete sich der Redebeitrag dem Motto „Hände weg vom Recht auf Asyl!“ als einer der Lehren aus Verfolgung und Krieg. Eine seit 30 Jahren fortschreitende Beschränkung des Asylrechts – im Grundgesetz einstmals als schrankenlos verankert – wurde aufgezeigt und scharf kritisiert.

Als zweiter Veranstaltungs-Schwerpunkt war das Erinnern an den Beginn des Auschwitz-Prozesses vor 60 Jahren gesetzt. Gastredner Frank Sommer hob in seinem Statement den historischen Verdienst des damaligen hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer hervor. Er bestand für Sommer darin, den Schutz­schild der Ade­nau­er-Ära gegen Bestrafung von NS-Tätern durch­bro­chen zu haben. So sei endlich eine offene Diskussion um die Aufarbeitung von Faschismus, Krieg und Holocaust angestoßen und „Gewissheiten der deutschen Nachkriegs­gesellschaft bis heute nachhaltig erschüttert“ worden.

Sommer zitierte abschließend die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer: „Es braucht nur Gleichgültigkeit und ein kleines bisschen Anzünden, um Menschen aufzuwiegeln, und sie sind in der Lage, Dinge zu tun, die sie noch gestern weit von sich gewiesen hätten.“ Und er mahnte: „Die Anzünder sind schon unterwegs! Hüten wir uns vor der Gleichgültigkeit!“.

Von dem Platz „hinter der Sandkirche“ zogen an die hundert Menschen in stillem Gedenken zur Hauptveranstaltung der Stadt am Wolfsthalplatz.

Da in Medien-Berichten zusammengefasst und gekürzt werden muss, kommt es dort auch leicht zu inhaltlichen Verschiebungen und Verzerrungen. Deshalb empfehlen wir, die Redebeiträge in voller Länge nachzulesen: Redebeitrag BgRRedebeitrag Frank Sommer

Fotos ©Hartmut Kreutz

ki-ab

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