Ab wie vielen Zentimetern über dem Knie hört Kunst auf?

Ab wie vielen Zentimetern über dem Knie hört Kunst auf?

Kann man die Freiheit der Kunst mit dem Zentimeter-Maß messen? Eine Mehrheit des Aschaffenburger Stadtrates ist offensichtlich dieser Meinung! Bei der Beurteilung des Künstler-Entwurfes für die Figuren eines zur Aufstellung in der Herstallstraße geplanten Brunnens befand sie: Die Röcke der flanierenden Mädchen sind zu kurz und damit unschicklich! Sie müssen um mehrere Zentimeter verlängert werden! Die Einwände der KI, in unserem Land genieße die Freiheit der Kunst immerhin Verfassungsrang, Zensur sei nicht gestattet, wurden abgeschmettert.

Das Verhalten der Stadtratsmehrheit offenbart ein gestörtes Verhältnis sowohl zur Kunst als auch zur Körperlichkeit. Würde ein solches Denken Schule machen, müssten in unserem Land tausende und abertausende Kunstwerke in Galerien, Museen und im öffentlichen Raum übermalt oder entfernt werden – eine schreckliche Vorstellung! Dieses Verhalten offenbart zugleich ein tiefgreifendes Missverständnis von der Rolle und der Funktion eines Stadtparlamentes. Der Stadtrat hat die Arbeit der Verwaltung zu kontrollieren. Man sollte denken, da gäbe es genug zu tun (Beispiele: „Millionengrab“ Regenrückhaltebecken, baulicher Zustand der Schulen, ausbleibende Verkehrswende, vernachlässigter Klimaschutz und und und …). Zum obersten Sittenwächter und Kunstzensor ist dieses Gremium hingegen weder berufen noch befähigt. In unserer Stadt gibt es – gottlob! – eine lebendige, vielgestaltige Kunst- und Kulturszene. Das soll auch so bleiben! Die anmaßende Bevormundung der Bürger:innen auf der Grundlage eines spießigen Missverständnisses von Kunst hat hier keinen Platz. Aschaffenburg ist nicht Krähwinkel[1]!

Was meinen Sie dazu? Schreiben Sie uns!

E-Mail: info@kommunale-initiative.de

KI* im Stadtrat Jürgen Zahn, *) unbequem aus Verantwortung

[1] Krähwinkel steht redensartlich für kleinstädtische, spießbürgerliche Beschränktheit

ki-ab

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